14.03.2024 | Entscheidung des Arbeitgerichts Köln
Auch in Probezeit müssen Arbeitgebende ein Präventionsverfahren durchführen
Die Kündigung eines Menschen mit Schwerbehinderung ist in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses diskriminierend im Sinne des § 164 Abs. 2 SGB IX und damit unwirksam, sofern der Arbeitgeber das Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX nicht durchgeführt hat.
Der mit einem Grad der Behinderung von 80 schwerbehinderte Kläger war ab Ende Mai 2023 arbeitsunfähig. Am 22.06.2023 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2023.
Die 18. Kammer des Arbeitsgerichts Köln hat entschieden, dass die Kündigung gegen das Diskriminierungsverbot des § 164 Abs. 2 SGB IX verstößt und damit unwirksam ist. Der Arbeitgeber sei – entgegen bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (EuGH vom 10.02.2022, AKZ C-485/20) – auch während der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG verpflichtet, ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen. Nach § 167 Abs. 1 SGB IX ist die Schwerbehindertenvertretung, sowie das Integrationsamt möglichst frühzeitig als Präventionsmaßnahme einzuschalten, wenn Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, eintreten. Dies habe die Arbeitgeberin hier nicht getan. Sie hätte, als sie bemerkte, dass der schwerbehinderte Kläger sich während der Probezeit – wie sie vorträgt – nicht bewährte bzw. sich nicht ins Team einfügte, Präventionsmaßnahmen ergreifen und gegebenenfalls die Schwerbehindertenvertretung sowie das Integrationsamt präventiv einschalten müssen.
Hier gehts zum Urteil in REHADAT-Recht: 18 Ca 3954/23
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(Tr)